Die Geschichte einer Reise
Die erste Reise
Es war irgendwann an der Zeit die Reise anzutreten. Ich war mir nicht sicher, ob ich das tun soll und was ich davon halten soll, aber dann irgendwann kam der Impuls dazu von selbst und es war klar: Die Zeit ist gekommen, um die Reise anzutreten. In diesem Moment war nur wenig Zeit und es hätte keinen unpassenderen Zeitpunkt geben können, um mit der Reise zu beginnen, aber es gab nicht den geringsten Zweifel, dass es nun sein musste. So begann es.

Ich wanderte weiter durch den Wald und entdeckte einen Baum, der zunächst unscheinbar wirkte, aber an seiner Wurzel einen kleinen Eingang hatte. Der Eingang wirkte sehr klein und es sollte mir unmöglich sein, da durchzupassen. Aber als ich dann genauer hinschaute, dann sah ich, dass der Eingang gar nicht so klein war, wie zuerst angenommen. Es war wie eine Einladung weiterzugehen, um das Innere zu erkunden. Nach erstem Zögern beschloss ich weiterzugehen, denn ich wollte unbedingt weiter in das Erdinnere vordringen. Es gab einen guten Grund hier zu sein und warum sollte ich jetzt stoppen.

So ging ich weiter den Weg entlang und erkundete das Bauminnere. Der Weg wurde zu einem Tunnel, der umzogen war mit Wurzeln. Immer wieder spürte ich Wurzeln an meinen Sohlen. Seltsam war es, dass der Tunnel nicht ganz dunkel war. Das Grün an den Wänden und Wurzeln erzeugte eine Art Licht. Ich könnte das Ende des Tunnels nicht erkennen, aber ich ging den Weg gerne.
Als ich spürte, wie viel Spaß es mir machte den Weg zu gehen, da wollten meine Füße laufen und ich gab dem Drang nach und begann zu Laufen. Ich lief weiter und die Wurzeln an den Wänden des langen Tunnels zogen an mir vorbei und ich wollte einfach weiterlaufen. Es war so, als wäre ich nicht allein. Ich hatte das Gefühl, als würde jemand mit mir laufen, obwohl ich niemanden sehen konnte.
Ich hörte das Geräusch von Trommeln, die mir den Rhythmus vorgaben. Dadurch wusste ich, wie schnell ich Laufen sollte und meine Beine bewegten sich im Rhythmus der Trommeln und so lief ich dahin und spürte keine Zeit mehr, sondern nur noch ein Gefühl von Freiheit. Ich wollte nicht, dass der Tunnel je enden sollte.

Aber nach einer nicht definierbaren Zeit endete der Tunnel und ich stand in einer sehr schönen Grotte. Es war viel Licht, aber auch Nebel in der Ferne und ich konnte das Ende der Grotte nicht erkennen. Grüne Pflanzen und Blumen schmückten die Grotte und ich fühlte den angenehm weichen Boden unter meinen Füssen. So ging ich weiter, bis zu einem See, der sich durch die komplette Grotte zog.
Ich setzte mich auf den Boden und vor mir war eine sehr kleine Pflanze, die noch sehr jung sein musste. Als ich die Pflanze genauer untersuchte, da sah ich einen kleinen Marienkäfer auf einem Blatt sitzen. Überglücklich an diesem Ort ein Tier zu treffen, stellte ich meine Frage, aber der Marienkäfer begann mit seinen Flügeln zu schlagen und flog von der Pflanze weg.
Ich sah ihm dabei nach und als mein Blick dabei den Nebel am Ende der Grotte streifte, da sah ich im Nebel ein anmutendes Tier, dass ein Bär sein musste. Auch wenn es mir nicht möglich war, das Tier ganz genau zu erkennen, so rief ich nach dem Tier und stellte meine Frage. Aber das Tier, dass ein Bär sein sollte, antwortete nicht und wollte den Nebel nicht verlassen.

Immer noch vor der Pflanze sitzend schaute ich in die Ferne und hoffte auf die Begegnung mit dem Bären und als ich aufstehen wollte, da streifte mich ein unglaubliches Gefühl und erzeugte ein Kribbeln. Mein Rücken wurde gestreift und als ich ganz starr dasaß, da spürte ich wie ein weiches Fell an meinem Hals vorbeistreifte. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah ein langes weißes Fell. Meine linke Hand und mein Oberkörper bewegten sich und ich griff in das Fell, dass sich zwar weich aber auch irgendwie rau anfühlte und struppig wirkte.
Überwältigt von dem Gefühl stellte ich wieder meine Frage und wollte das Tier genauer sehen. Aber bei dieser Reise blieb die Frage noch unbeantwortet, denn es war Zeit wieder zu gehen und das Tier schickte mich nach Hause, um später wieder zu kommen, denn jetzt war noch nicht die richtige Zeit für die Antwort. So kehrte ich viel schneller als mir lieb war wieder zurück und es blieb nur das unbeschreibliche Gefühl, wie das Tier meinen Rücken streifte, um in mir ein Kribbeln der Energie auszulösen, nur um mich dann wieder nach Hause zu schicken.
Die nächste Reise
Ich war fasziniert und wusste, dass ich bald wieder aufbrechen musste. Wieder durchquerte ich den Wald, suchte den Zugang, aber er war verschwunden. An der Stelle, wo zuvor der Eingang gewesen war, stand nur noch ein Baum mit seltsamer Wurzel. Auch beim zerstörten Baum suchte ich vergeblich.
Nach einer Weile erinnerte ich mich an einen Zugang, den ich als Kind oft genutzt hatte, und kehrte zum Haus zurück.Ich öffnete die kleine Metalltüre, die schon immer dort gewesen sein musste. Ein Beton-Gang führte in einen Kellerraum voller Gerümpel und Bretter, gestützt von Balken. Am Ende des Raumes entdeckte ich ein Loch im Boden, aus dem eine Leiter hinabführte. Ohne zu zögern stieg ich hinab in die Dunkelheit.

Ich kannte den Weg, denn die Leiter bin ich schon oft hinunter geklettert, auch wenn mir nicht mehr klar war, was da unten eigentlich ist. Dadurch jagte es mir auch keine Angst ein, die Leiter zu benutzten und tiefer und tiefer in die Dunkelheit hinabzusteigen.
Am Ende der Leiter war ein kleiner Raum mit einer Tür und nach dem Öffnen der Tür führten breite Treppen viele Stufen hinab. Am Ende der Stufen war nochmal eine Tür. Nachdem ich die Tür öffnete, war ich mitten in einem langen Tunnel aus Beton, der an eine Kanalisation erinnerte. Egal ob nach rechts oder links, ein Ende des Tunnels war nicht zu erkennen.
Ich hatte nun schon eine Idee, wo ich hinmusste, und so ging ich nach rechts und nach einiger Zeit tauchte eine kleine Metalltür auf. „Dort musste es irgendwo sein“, dachte ich. Nach dem Öffnen der Tür ging ich noch durch einige Gänge und Räume und stand letztendlich in dem Raum, den ich gesucht hatte. Es war ein sehr großer Raum, der mindestens zwei Stockwerke hoch war. Es führten Beton-Treppen hinauf zu anderen Türen. Die höher gelegenen Gänge waren mit verrosteten Eisengeländern versehen. Aber dort wollte ich nicht hin. Es war der Riss in der hinteren Wand, der mein Ziel sein sollte. Beim Riss angekommen, konnte ich schon bald einen Tunnel erkennen und ich sah, dass es derselbe Tunnel sein musste, durch den ich auch bei der ersten Reise lief.

Dieses Mal wusste ich aber, wo ich bin und wo der Weg hinführt und so begann ich zu Laufen und wieder begannen die Trommeln den Rhythmus meiner Beine zu bestimmen und ich lief und lief. Die Beine trugen mich mit einer Leichtigkeit und mein Atem schien endlos zu sein und nach einer nicht bestimmbaren Zeit kam ich wieder in der Grotte an, die mir jetzt unheimlich vertraut vorkam
Ich ging nun zu der kleinen Pflanze, die immer noch dort stand und setzte mich zu der Pflanze. Wie selbstverständlich saß auf der Pflanze der kleine Marienkäfer. Um mir sicher zu sein, stellte ich ihm nochmal die Frage und wieder flog er ohne ein einziges Wort davon.
Wieder blickte ich in den Nebel und nun konnte ich den Bären ganz deutlich erkennen und auch ihm rief ich meine Frage nochmal zu. Er sah mich an, trat aber nicht aus dem Nebel heraus, sondern ging weiter. Sitzend vor der Pflanze schloss ich meine Augen und wartete.
Es dauerte nicht sehr lange und dann spürte ich wieder diesen Hauch an meinem Rücken entlang, bei den sich mir alle Haare aufstellten und ein Gefühl der Freude kam auf, denn das Tier kam erneut. Ich war überzeugt, dass ich nun so weit war und das Tier ging an meinem Rücken vorbei und stand nun rechts von mir und war ganz nah. Ich sah das weiße lange Fell und sah nun die Schnauze eines eindrucksvollen weißen Wolfes.

Sein Fell wirkte struppig und doch edel. Er stand dicht bei mir und sah mich mit wohlwollenden Augen an. Voller Ehrfurcht stellte ich meine Frage erneut:
„Bist du mein Krafttier?“
Der Wolf blieb stehen und forderte mich auf, aufzustehen. Als ich seine Nähe spürte und mit meiner Hand in sein Fell griff, durchflutete mich ein unbeschreibliches Gefühl.
Jetzt verstand ich:
Schon auf dem Weg durch den Tunnel war ich nicht allein – und vielleicht war ich es nie!